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Gerhard Breidenstein

1937 geboren in Frankfurt/Main.
1957-1968 Studium der Evangelischen Theologie, Germanistik und Politikwissenschaft für den Lehrerberuf an Gymnasien. Promotion in Evangelischer Sozialethik mit einem Thema zur Sozialen Gerechtigkeit.
Seit  1962 verheiratet, drei Söhne und eine Tochter, viele Enkel
1968-1971 mit Familie in Südkorea unter einem Entwicklungshilfe-Programm mit einem sozialethischen Lehrauftrag an einer christlichen Universität
1974-1976 entwicklungspolitische Bildungsarbeit beim DGB-Bundesvorstand
Ab 1977 in Dortmund Studentenpfarrer, später Berufsschulpfarrer. In dieser Zeit intensive Teilnahme an Demonstrationen und Aktionen der Anti-AKW-Bewegung, der "Dritte-Welt"-Solidarität und der Friedensbewegung
1990-1998 Mitbegründer einer ökologisch-spirituellen Lebensgemeinschaft auf dem Beringhof bei Dortmund
1998-2016 Wohnort in der schwäbischen Stadt Murrhardt
Seit 1989 Schüler der ZEN-Meditation bei Pater Johannes Kopp, S.A.C. in Essen, seit 2003 bei Prof. Michael von Brück (Religionswissenschaftler, ZEN- und Yogalehrer)
2001 Gründung der bundesweiten Initiative "Aufbruch - anders besser leben" für eine nachhaltige persönliche Lebensweise
Seit 2000 Leitung zahlreicher Seminare zu ökologischen und spirituellen Themen an bundesweiten Orten, besonders häufig in Thüringen und Süddeutschland
Seit 2016 Wohnort in Traunstein

Die Verbindung von gesellschaftlicher, globaler Verantwortung mit spiritueller Entwicklung ist mein Lebensthema. Dazu habe ich zahlreiche Aufsätze und Bücher veröffentlicht sowie Vorträge und Seminare gehalten.

Meine wichtigsten Lehrer und Lehrerinnen waren - neben den genannten ZEN-Lehrern - die Therapeutin Stefanie Krenn, die Lehrerin der "Deep Ecology" Joanna Macy (USA) und der vietnamesische ZEN-Meister Thich Nhat Hanh.

Mein Glauben

"Mein Glauben" meint etwas, das eigentlich unsagbar ist. Aber es betrifft Themen der menschlichen Existenz, die ja Sprache hervorgebracht hat und Kommunikation braucht. Ich möchte also antworten können, wenn mich jemand fragt, was ich glaube. Dabei werde ich Worte gebrauchen müssen. Worte sind zwar nur Krücken des Verstehens - aber immerhin.

Beim Sprechen geht es nicht nur um das, was ich sagen will, sondern auch um das, was die angesprochene Person verstehen soll und kann. Ich muss deshalb deren Sprache benutzen, wenn ich verstanden werden will, auch wenn es für mich vielleicht nicht die Heimatsprache ist. Sprache besteht allerdings nicht bloß aus Vokabeln. Es muss ein gemeinsamer geistiger Raum gefunden werden, wenn Resonanz und also tiefes Verstehen möglich werden soll.

Hinzu kommt, dass sich mein Glauben über Jahrzehnte hinweg stark verändert hat, indem es sich durch sehr verschiedene geistige Räume bewegte: pietistisch, liberal-theologisch, marxistisch-politisch, buddhistisch-mystisch.

So ist hoffentlich einleuchtend, dass und warum ich meinem Glauben recht unterschiedlichen Ausdruck geben kann und will - je nach dem, mit wem ich kommuniziere.

 

Mein Glauben in christlicher Sprache

Ich glaube, dass Gott

der Urquell allen Seins ist,
die treibende Energie der Evolution,
der Impuls in allem schöpferisch Neuen,
die allumfangende Liebe.

Ich vertraue Jesus Christus,

dem Rabbi und Bruder aus Nazareth,
dem Anstifter einer weltweiten Hoffnungsbewegung,
der uns zusagt, dass Gottes Kraft gegenwärtig ist,
der uns ermutigt, Gott mit "Vater" anzureden,
der uns befreit zu bedingungslosem Lieben,
der durch Leiden und Tod hindurch uns den Weg bahnte
zum Ganzen Leben,
und der so vollkommen wahrer Mensch war,
dass er Gottes erster Sohn ist.

Ich glaube an den Heiligen Geist,
 
der ohne Gestalt, Geschlecht und Namen ist,
der atmet und weht, wo er will, und das heißt: überall,
der immer wieder und in allen Kulturen Menschen inspirierte
zu Taten der Liebe, der Befreiung und der Heilung;

der Menschen, Tiere, Pflanzen und alle anderen Seinsformen
beseelt und verbindet, verwandelt und erweckt,
bis alles und alle zu Kindern Gottes geworden sein werden;
 
und der uns erlaubt, mit solch dürftigen Worten
vom unsagbaren Geheimnis zu sprechen

- und dabei still zu werden:

(Schweigen)
 

 
So glaube ich, Herr, hilf meinem Unglauben!
Amen

 

Gerhard Breidenstein, März 2001/Juli 2005

 

Mein Glauben in transreligöser Sprache

Mein Glauben umfasst...


Die Einsicht

dass alle belebten und unbelebten Seinsformen auf unserem Planeten Erde also Menschen, Tiere, Pflanzen, Wasser, Luft und Mineralien, untereinander und mit dem ganzen Kosmos verbunden sind. Diese Wahrnehmung wird mehr und mehr von den neuen, systemischen Naturwissenschaften unterstützt.

Die Ahnung davon

dass dieses umfassende Lebensnetz von einer universellen Energie hervorgebracht wurde, durchdrungen ist und zusammengehalten wird;
dass alles Sein sich zu immer größerer Komplexität und Schönheit entfaltet;
und dass es nur eine und zwar eine materiell-geistige Wirklichkeit gibt - um uns und in uns.

Die Erfahrung,

dass diese Wirklichkeit für uns nicht nur Licht und Klarheit, sondern auch Dunkelheit und Rätsel enthält, und dass es oft darum geht, das Nichtverstehen auszuhalten.

Den Glauben,
dass wir Menschen dazu befähigt und berufen sind, mit der unendlichen geistigen Energie in bewusste Verbindung zu treten, um von ihr inspiriert und transformiert und so auch ihr Instrument zu werden. Das kann uns davon abbringen, über andere Menschen und alle Natur herrschen zu wollen, und uns motivieren, dem Netz des Lebens unserem Wesen gemäß zu dienen wie Nervenzellen einem Organismus.
 
Die Gewissheit,
dass Werte wie Ehrfurcht vor allem Leben, Dankbarkeit für das Leben, Gerechtigkeit, Gewaltfreiheit, Wahrhaftigkeit, Versöhnungsbereitschaft, Mitgefühl, Toleranz und Achtsamkeit
in allen Situationen unserem Handeln Motivation und Richtung geben können, um solcher Spiritualität zu entsprechen.

Die Überzeugung,

dass Glück und Sinn gerade im Nichtmateriellen wie Liebe, Freude, Zufriedenheit, Schönheit zu finden sind.

Die Hoffnung,

dass die Welt kraft materieller und geistiger Evolution lebensfreundlicher werden kann und wird.

Und die Sehnsucht....

 

Entnommen aus G.Breidenstein: "Brennende Kerze im Sturm - Mystische Spiritualität inmitten unserer Welt", S. 120f und ergänzt